Vanessa Joan Müller
„Aneigung und Umschreibung als künstlerische Verfahren bedeuten neben der Bezugnahme auf ein anderes Werk auch eine sichtbar gemachte Begeisterung für dieses; ein Bekenntnis zur Inspiration, das in diesem anderen liegt, und ein intensives Sich-Beschäftigen mit dem, was bestimmte Horizonte eröffnet hat. Der Blick auf die Werke anderer Künstlerinnen und Künstler von Wiebke Grösch und Frank Metzger richtet sich denn auch weniger auf formale Aspekte denn auf das Potenzial radikaler, in den sozialen Raum ausgreifender Gesten, das diesen Werken innewohnt und mit dem gesellschaftlichen Klima und den Möglichkeitsräumen ihrer Entstehungszeit korrespondiert. Gleichwohl ist dieser Blick kein nostalgischer, der sich nach diesen heute kaum mehr existenten Möglichkeitsräumen sehnt. Der Umgang mit Werken von Blinky Palermo, Charlotte Posenenske und Isa Genzken sucht vielmehr nach einer aneignenden Neuformulierung dieser Werke zu den Bedingungen unserer Zeit, so wie auch der Blick auf die Kunst der Vergangenheit immer nur ein historisch informierter, aber dennoch heutiger Blick sein kann. Diese Neuformulierung ist sowohl zeitlich wie räumlich zu verstehen und öffnet den Akt des Übersetzens im Werk von Grösch / Metzger gegenüber einer das Lokale als Resonanzraum verstehenden Perspektive. Denn auch wenn ihre Arbeiten auf eine bestimmte Lokalität rekurrieren, sind sie nicht ortsspezifisch, sondern nehmen Bezug auf eine Umgebung, funktionieren aber auch jenseits von dieser. Umgebung ist hier kein definierter Ort, sondern ein Raum, der soziale, gesellschaftliche und politische Konditionen stellvertretend für eine Gesamtsituation zum Ausdruck bringt. Bezogen auf den Stadtraum Frankfurts und seine öffentlichen wie institutionellen Orte ergibt sich so ein das Potenzial der Kunst der Vergangenheit auf sein Echo in der Gegenwart befragender Diskurs, der insbesondere den Status des Öffentlichen und der Öffentlichkeit noch einmal thematisiert. (…).“
Auszug des Textes aus „Wiebke Grösch / Frank Metzger – To the People of the City“
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